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„Du musst nicht von allen gemocht werden“ – Drei Gründe warum wir uns zu viele Sorgen machen.

Permanent jagen wir nach Anerkennung. Sei es im Beruf, beim Sport oder auf den Sozialen Medien; wir wollen gesehen, bewundert und geliebt werden. Aber hängt unser Glück tatsächlich davon ab, ob wir von möglichst vielen Menschen gemocht werden, oder machen wir uns darüber zu viele Sorgen?

Sigmund Freud und Carl Gustav Jung sind uns geläufige Namen. Neben den beiden gab es aber noch einen dritten Zeitgenossen, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Psychologie massgeblich beeinflusste: Der österreichische Arzt und Psychotherapeut Alfred Adler. 1937 im Alter von 67 Jahren in Aberdeen verstorben, gilt er als Begründer der sogenannten „Individualpsychologie“. Und genau um diese geht es im Buch mit dem Titel „Du musst nicht von allen gemocht werden: Vom Mut, sich nicht zu verbiegen“ der japanischen Autoren Ichiro Kishimi und Fumitake Koga. In leichtfüssiger und verständlicher Art und Weise gelingt es den Autoren, die Lehren und Gedanken Adlers dem Leser näher zu bringen. Es erstaunt nicht, dass das Buch in Japan schon seit längerer Zeit ein absoluter Bestseller ist. Dass das Buch so spannend und gut lesbar ist, hängt auch mit der spannenden Erzählart zusammen. Adlers Überlegungen werden dem Leser nämlich in Form eines sokratischen Dialoges näher gebracht. Das Buch erzählt die Geschichte eines unglücklichen jungen Mannes, der einen Philosophen am Rande seiner Stadt besucht. Der weise Mann versucht dem Unzufriedenen schrittweise Adlers Philosophie näher zu bringen, um ihm so zu einem glücklicheren Dasein zu verhelfen. Der junge Mann zeigt sich aber äusserst kritisch und hinterfragt Adlers Überlegungen. Gerade dieses Frage und Antwort Spiel macht es dem Leser sehr schwierig, mit dem Lesen aufzuhören. Wie bei einer spannenden Fernsehserie will man wissen, wie es weiter geht. Nicht selten stellt der junge Mann genau die Fragen, die man sich als Leser ebenfalls gerade gestellt hat. Das Buch ist kein Selbshilfebuch wie es sie zu tausenden gibt, sondern viel mehr ein unterhaltsames Lehrbuch, das Adlers lebensbejahende Psychologie für alle fassbar macht. Folgend drei Lehren: Deine Zukunft wird nicht durch deine Vergangenheit bestimmt Adler ist der festen Überzeugung, dass sich die Menschen auf eine bestimmte Art verhalten, weil sie sich für dieses Verhalten entschieden haben und nicht aufgrund vergangener Umstände. Es ist eine klare Absage an den Determinismus, wonach die Willensfreiheit des Menschen durch innere und äussere Ursachen eingeschränkt wird. Dies steht im Gegensatz zu Freud, der glaubt, dass unser Selbstbild in jungen Jahren gezeichnet wird und uns bis ans Lebensende prägt. Adler hat eine wesentlich positivere und optimistischere Sicht. Gemäss seiner Auffassung sind wir jederzeit in der Lage unser Leben zu ändern. Heute hört man viele Leute, die ihr Dasein mit den angeblich unglücklichen äusseren Umständen rechtfertigen, statt sich selber in Verantwortung zu ziehen. Adler erteilt diesem Ausredentum ein deutliche Absage. Es ist nicht der Lehrer, der Schuld daran ist, dass jemand schlechte Noten hat, es ist nicht der Coach der verantwortlich ist, dass es ein Athlet nicht an die Spitze geschafft hat und es ist nicht der Umstand, dass ein Elternteil gewalttätig ist, dass man nun selber gewalttätig ist. Für Adler ist klar: Jeder Mensch kann sich, wenn er dies auch wirklich will, ändern. Veränderung liegt somit in der Verantwortung des Individuums. Konzentriere Dich auf jene Dinge, die Du kontrollieren kannst Wir machen unsere Zufriedenheit viel zu stark anhängig davon, was andere Menschen über uns denken. Wir glauben Fehler zu haben, die dazu führen, dass wir den Ansprüchen anderer Menschen nicht genügen. In der Regel sind dies völlig subjektive Annahmen. Wir vergleichen unser subjektives Selbstbild mit einer ebenso subjektiven Annahme des Bildes, das andere von uns haben könnten. In der Regel fällt dieser Vergleich negativ aus. So glauben wir beispielsweise als Referent nicht den Ansprüchen des Publikums zu genügen. Im Extremfall führt dies dazu, dass wir versuchen Referate wenn immer möglich zu vermeiden. Wir entscheiden uns, aus einem selbstauferlegten Minderwertigkeitskomplex heraus, gewisse Dinge nicht zu tun, bzw uns zurückzuziehen. Die Lösung für dieses Problem ist relativ einfach. Auch die Stoiker benutzten diese Technik, um ein glücklicheres Leben führen zu können: Kontrollieren Sie und verändern Sie jene Sachen, die Sie verändern und kontrollieren können. Gegenüber jenen Dinge, die ausserhalb ihrer Kontrollsphäre bzw. ihres Einflussbereiches liegen, müssen sie lernen gleichgültig zu werden. Sie können nicht kontrollieren, was andere Menschen über sie denken, warum sich also darüber Sorgen machen? Warum stört es Sie, wenn andere nicht den gleichen Geschmack oder die gleiche Meinung haben wie Sie? Wieso ist es ein Problem für uns, wenn andere finden wir seien zu dick, zu dünn, zu dumm, zu klug, zu muskulös, zu reich, zu engagiert u.s.w.? Wir können die Gefühle, das Denken oder die Meinungen anderer Menschen kaum beeinflussen, wir können aber lernen uns selber zu akzeptieren. Statt Energie aufzuwenden damit uns andere mögen, sollten wir diese Energie aufwenden uns selber zu mögen. Heute reagieren viele Menschen sehr empfindlich, sie sind sofort beleidigt und betroffen, auch sind sie nicht bereit andere Ansichten zu akzeptieren, die den eigenen widersprechen. Für Adler ist eine Überempfindlichkeit immer auch Ausdruck eines Minderwertigkeitsgefühls. Und genau dort können wir ansetzen. Wenn wir kontrollieren, was wir kontrollieren können, wenn wir uns auf uns konzentrieren, statt auf die Wahrnehmung der anderen, dann führt dies zu Selbstakzeptanz. Adler motiviert uns, den Mut zu haben, nicht gemocht zu werden und das Leben so zu führen, dass es für uns stimmt. Wenn uns jemand nicht mag, dann bedeutet dies nichts anderes, als das wir in der Lage sind frei zu leben. Die Wichtigkeit des Gemeinschaftsgefühls Die gängige Annahme in unserer Gesellschaft ist, das Erfolg ein glückliches Leben beschert. Wir glauben, dass wir glücklich werden, wenn wir mehr verdienen, wenn wir einen Titel oder Grad verleiht bekommen, wenn wir viele „Likes“ erhalten, wenn wir die Karriereleiter aufsteigen, ein grosses Netzwerk aufbauen können oder in ein politisches Amt gewählt werden. Das Problem ist, dass diese Annahme nicht das Glück, sondern die Angst und den Stress fördert, und zwar unabhängig davon, ob man nun eher zu den Gewinnern oder zu den Verlieren gehört. Die Verlierer sind nämlich unzufrieden, weil sie sich selber als Verlierer wahrnehmen, die Gewinner sind gestresst, weil sie genau wissen, dass sie je höher sie gestiegen sind, umso tiefer sie fallen können.

Statt uns konstant in einem Wettkampf mit unseren Mitmenschen zu fühlen, sollten wir mit unserem Handeln versuchen die Gesellschaft besser zu machen. Das Ziel ist nicht besser zu sein als meine Mitmenschen, sondern mein Bestes zu geben für den Erfolg der Gemeinschaft. Adler ist überzeugt, dass wenn wir uns von unserer vergleichenden kompetitiven Denkweise lösen, wir in der Lage sind alles zu erreichen, was wir wollen. In dem wir unser Tun auf den Erfolg der Gemeinschaft ausrichten und uns lösen von ständigen Vergleichen mit unseren Mitmenschen, entfachen wir in uns den Mut, das zu tun woran wir glauben und worin wir gut sind. Adler ist auch der Überzeugung, dass jeder Mensch zum Erfolg einer Gesellschaft beitragen kann. Deshalb rät er uns auch: „Frage nicht, was das Leben dir gibt, frag, was du gibst“. Dies kann auch sein indem man einfach ein anständiger, hilfsbereiter und gutherziger Mensch ist. „Du musst nicht von allen gemocht werden“ ist ein Buch, dass man ohne Probleme mehrmals lesen kann. Es gibt dem Leser unzählige Denkanstösse und kann durchaus einen life changing Einfluss haben. Adlers Ansichten und Ideen sind Wegweiser zu einem selbstbestimmten Leben. Ein Leben, dass weder durch Kindheitserfahrungen, äussere Umstände oder die Erwartungenen anderer Menschen eingeschränkt werden muss. Durch den lockeren Erzähltil in Form eines Dialoges gelingt es den Autoren den Lesern aufzuzeigen, wo sie ihr Glück allenfalls selber sabotieren und wie man solche Fallen vermeiden kann. Es lohnt sich „Du muss nicht von allen gemocht werden“ zu lesen! Millionen von Japanern können nicht irren.  

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