No News is good News! Fünf Gedankenspiele zum Medienkonsum

Kann es sein, dass der Newskonsum uns schadet? Sind die Medien überbewertet? Befinden sich die Medien in einer Krise? Würde es eventuell sogar Sinn machen, ganz auf den Konsum von News zu verzichten? Vielleicht helfen fünf Gedankenspiele bei der Beantwortung dieser Fragen.
"Dies ist die Ära des Informationsbankrotts", sagte Richard Edelman, CEO von Edelman zu den Anfang 2021 veröffentlichen Resultaten des Edelman Trust Reports. Die Ergebnisse des diesjährigen Edelman-Vertrauensbarometers unterstreichen, wie sich die seit langem bestehende Skepsis gegenüber den Medien weltweit zu einem umfassenden Misstrauen ausgeweitet hat.
Der Edelman Trust Barometer ist eine alljährlich durchgeführte Erhebung zum Vertrauen der Menschen in Regierungen, Unternehmungen, NGO's und Medien. Die Umfrage wird in 28 Ländern mit über 33'000 befragten Menschen durchgeführt.
Gemäss den neuesten Resultaten dieser Untersuchung sind weltweit sechs von zehn Menschen der Meinung, dass Journalisten versuchen, absichtlich in die Irre zu führen, indem sie massiv übertreiben, bewusst falsche Tatsachen verbreiten oder nicht ins Bild passende Fakten unterschlagen. Derselbe Anteil ist der Meinung, dass die meisten Medienunternehmen heute primär beabsichtigen eine bestimmte Ideologie oder politische Gesinnung zu verbreiten, statt neutral und faktenorientiert zu informieren.
Interessant ist auch, dass Journalisten erstmals als die am wenigsten vertrauenswürdigste Quelle beurteilt werden - der Vertauensbarometer wird seit 2000 erhoben - nur etwas mehr als ein Drittel der Menschen vertraut den Aussagen eines Journalisten. Überholt wurden die Medienschaffenden durch die ewigen Letztplatzierten, die Regierungsbeamten. Die grösste Glaubwürdigkeit haben wissenschaftliche Experten, wobei auch die nur noch das Vertrauen von 59 % der Menschen geniessen.
Gemäss dem KleinReport, dem Mediendienst der Schweizer Kommunikationsbranche, ist dieser Misstrauenstrend gegenüber den Medien auch in der Schweiz spürbar. Am 18. Juni, 2020 schrieb der Klein Report: "Insgesamt vertrauen 44 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer den Nachrichten in den Medien. Damit liegt die Schweiz auf Platz 14 von 40 untersuchten Ländern, knapp hinter Deutschland, aber vor Österreich. Allerdings ist der Wert im Vergleich zum letztjährigen Report um zwei Prozentpunkte gefallen und folgt damit dem globalen Abwärtstrend.".
Interessant ist die Tatsache, dass es einen grossen Unterschied diesbezüglich zwischen den Sprachregionen gibt. In der Deutschschweiz misstrauen 54 % den Medien, in der Romandie sind es 63 %.
Viele Menschen verbringen täglich mehrere Stunden mit dem Konsum von Nachrichten. Wir lesen Zeitungen, hören die Nachrichten im Radio, schauen uns Nachrichtensendungen im Fernsehen an und nutzen das Internet als Nachrichtenquelle. Wir glauben, dass es wichtig ist, gur informiert zu sein. Das Problem aber ist, dass uns der tägliche Nachrichtenkonsum nicht informiert macht. Je mehr Nachrichten wir nämlich konsumieren, desto schlechter sind wir informiert.
Nachrichten sind per Definition etwas, das nicht von Dauer ist. Sie existieren nur für einen Moment, bevor sie sich verändern. Zudem sind News extrem oberflächlich. Da Nachrichten immer leichter zu verbreiten und billiger zu produzieren sind, hat die Qualität abgenommen und die Quantität der Nachrichten zugenommen. Wir werden überflutet von Nachrichten. Die wirklich wichtigen und relevanten Informationen zu finden, kommt der bekannten Suche nach der Nadel im Heuhaufen gleich.
Kommt hinzu, dass wir Menschen vor allem auf schlechte Nachrichten ansprechen. Dies hat evolutionspsychologische Gründe. Da Gefahren unsere Existenz bedrohen, sind wir diesen gegenüber äusserst aufmerksam.
Damit unsere Vorfahren nicht von einem Säbelzahntiger gefressen oder von einer giftigen Schlange gebissen wurden, mussten sie permanent nach möglichen Gefahrensignalen Ausschau halten. Wenn unsere Vorfahren dann einem Säbelzahntiger begegneten, dann waren sie gezwungen dieser Situation ihre volle Aufmerksamkeit zu schenken. Wenn unsere urzeitlichen Vorfahren aber zum Beispiel eine schöne Blume auf ihrem Weg ignorierten, dann hatte dies keine weitreichenden Konsequenzen auf ihren Fortbestand.
So geht es uns noch heute. Unbewusst halten wir immer noch ständig Ausschau nach möglichen Gefahren. Es fällt uns deshalb äusserst schwer eine vermeintliche Gefahr, und sei es nur in Form einer bedrohlichen Schlagzeile, zu ignorieren. Dies wiederum hat zur Folge, dass die Medien vor allem negative, bedrohlich Nachrichten verbreiten. Schliesslich wollen die Medien ja möglichst viele Konsumenten und die gewinnt man mit negativen Nachrichten bedeutend besser, als mit positiven.
Der Konsum von schlechten Nachrichten wirkt sich wiederum auf unsere Psyche aus. In einer Studie aus dem Jahre 1997[1] wurden drei Gruppen gebildet. Jede Gruppe musste ein 14 minütiges Nachrichtenvideo anschauen. In einer Gruppe waren die Nachrichten positiv, in einer neutral und in einer negativ. Diejenigen Versuchspersonen, welche die negativen News anschauen mussten, waren in der Folge signifikant ängstlicher, trauriger und beurteilten die Zukunft pessimistischer, als die anderen beiden Gruppen.
Wenn wir also den Medien nicht mehr trauen können und der Medienkonsum uns psychisch krankmacht, sollten wir dann konsequenterweise unser Medienkonsumverhalten nicht gänzlich überdenken?
Wenn es sogar bei sogenannten Qualitätsmedien wie der New York Times kaum mehr möglich ist zwischen Meinungsartikeln und neutralen Meldungen zu unterscheiden, wenn der Medienkonsument nicht mehr in der Lage ist zu erkennen, ob es sich um eine Kolumne, eine Glosse, einen Kommentar oder eine Nachricht handelt, weil die Journalisten alles vermischen, macht es dann überhaupt noch Sinn Nachrichten zu konsumieren?
Der Schweizer Philosoph Rolph Dobelli hat diesbezüglich eine klare Meinung. Er schreibt dazu auf