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David Gerke: Wolfsschützer, Jäger, Fischer und grüner Politiker


David Gerke hat 2020 im Rahmen des Abstimmungskampfes um das Jagdgesetz nationale Bekanntheit erlangt. Der Präsident der Gruppe Wolf Schweiz ist aber weit mehr als ein engagierter Wolfsschützer. Der Solothurner hat Geografie und Biologie studiert. Am Institut für Wildbiologie und Jagdwirtschaft der Universität für Bodenkultur in Wien hat er als Jagdwirt abgeschlossen. Der wohlüberlegte grüne Kantonsrat ist auch engagierter Fischer, Jäger und Schafhirte.

Mit David Gerke diskutiere ich über:

- Erfahrungen und Lehren aus einem erfolgreichen Abstimmungskampf;

- Der Wolf und das Wolfsmanagement in der Schweiz;

- Die Jagd, das Töten von Tieren, Fleischkonsum und Ethik;

- Das ehrenamtliche Engagement;

- Leadership in Milizorganisationen;

- Der Mensch David Gerke.



Transkript der Diskussion:


Du hast als Präsident der Gruppe Wolf Schweiz im Rahmen der Abstimmungskampagne zum Jagdgesetz nationale Beachtung erhalten. Wie hast Du diese Zeit erlebt?

Ein Jahr extrem intensiv, fast Vollzeit, manchmal noch viel mehr. Sehr emotional, über Monate innerlich stets etwas angespannt.


Es war eine sehr emotionale Kampagne. Welches waren die negativsten Erlebnisse?

Die Rolle der Behörden von Bund und gewissen Kantonen. Behörden als politisch agierende Institutionen zu erleben, teilweise quasi fast als Kampagnenleitung, hat meine Einstellung zu Staat und Behörden sehr nachhaltig geprägt und wird für mein weiteres politisches Wirken eine grosse Rolle spielen.


Was hat Dich während dem Abstimmungskampf positiv überrascht, was waren die Highlights?

Abgesehen vom Sieg: Das breite Engagement von Jägern gegen das Gesetz. Das zeigt: Die Jägerschaft steht nicht still, sie ist vielfältig und bunt, wandelt sich, geht mit der Zeit, denkt vermehrt ökologisch. Und die extrem vielen positiven Feedbacks von bekannten und völlig unbekannten Menschen.


Welche Lehren ziehst Du aus diesem Abstimmungskampf?

Bin froh, wenn ich das nicht so schnell wieder machen muss. Eine öffentliche Person zu sein, die man auch mal erkennt und über die in Kommentarspalten und sozialen Medien diskutiert wird, ist nicht nur angenehm. Eigentlich könnte ich gut darauf verzichten.


Mit dem Abstimmungsresultat bist Du zufrieden. Wie beurteilst Du die Lage im Zusammenhang mit dem Wolf? Bundesrätin Simonetta Sommaruga erklärte unlängst, dass im Zusammenhang mit dem Wolf «Nichtstun keine Option ist». Mittels einer Motion verlangen Mitte-Politiker, dass der Wolf früher erschossen werden kann?

Könnte nun Stunden reden. Kurz: Sie hat recht. Wölfe sind hoch intelligent, hoch anpassungsfähig, sehr vermehrungsfreudig. Sie stellen uns vor zunehmende Herausforderungen. Das Management muss mit dem Wolfsbestand wachsen. Bloss war das missratene Gesetz, das einzig auf Abschüsse anstatt auf mehr Herdenschutz setzte, der falsche Weg.


Mitte-Ständerat Beat Rieder behauptet, dass sich in den nächsten zwei bis vier Jahren der Wolfsbestand in der Schweiz verdoppelt. Stimmt diese Einschätzung bzw wie siehst Du die Entwicklung im de nächsten rund zehn Jahren?

Einschätzung stimmt. Wachstum aktuell bei ca. 30% (in einzelnen Jahren auch mehr). Verdopplung in 3 Jahren. Trend wird anhalten (mit oder ohne JSG-Revision). Wir werden ohne Massnahmen in zehn Jahren die meisten geeigneten Lebensräume besiedelt haben. Das ist positiv.


Du bist ja selber auch Schafhirte. Hast Du keine Angst davor, dass Deine Schafe Wölfen zum Opfer fallen könnten?

Eigentlich nein, aber man macht sich schon Gedanken. Ich hatte auf der Alp meist Herdenschutzhunde und/oder Nachtpferche, habe diesen Massnahmen vertraut. Hat auch funktioniert. Aber trotzdem: Die Gedanken sind immer da.


Kürzlich ist im Kanton Solothurn der erste Wolf seit 1990 gesichtet worden. Was hat das bei Dir als Solothurner für Gefühle ausgelöst?

Endlich. Es hat länger gedauert als erwartet. Meine Maturaarbeit war bereits über die Rückkehr des Wolfes in den Jura, noch bevor es erste Nachweise gab. Ein Kreis schliesst sich.