Charisma - Die acht Facetten

Auf den ersten Blick hat Charisma etwas mysteriöses, fast magisches. Doch bei genauer Betrachtung können wir feststellen, dass Charisma verschiedene Facetten hat. Sind wir uns dieser einmal bewusst, fällt es uns leichter unser eigenes Charisma zu entwickeln.
Es gibt ganz unterschiedliche Menschen, die wir als charismatisch bezeichnen. Dicke, dünne, gebildete und ungebildete, schöne und weniger schöne, grosse und kleine Menschen können Charisma haben, aber auch Betrüger, Kriminelle, grosse Politiker und Führungspersönlichkeiten, Kriegsverbrecher und Kriegshelden. Ronald Reagan, Martin Luther King, General Henri Guisan, Mahatma Ghandi, Nelson Mandela oder Albert Einstein waren charismatische Persönlichkeiten, aber auch Adolf Hitler, Osama Bin-Laden oder der Sektenführer Jim Jones waren solche. Es ist ihrem Charisma zu verdanken, dass es ihnen gelungen ist, Menschen hinter sich zu scharen, Menschen zu motivieren und zu (ver)führen.
Charisma kann also Segen und Fluch zugleich sein. Charismatische Menschen sind in der Lage, andere Menschen sowohl zum Erfolg als auch in das Verderben zu steuern.
Die Fähigkeit Menschen zu motivieren ist für jede Führungskraft von wesentlicher Bedeutung. Genau das ist es, was Charismatikern mit scheinbarer Leichtigkeit gelingt. Sie können Menschen nicht nur dazu bewegen Dinge zu tun, sie schaffen es sogar, dass die Menschen diese Dinge mit Begeisterung tun.
Die Frage die sich nun stellt ist, was macht dieses Charisma aus? Wenn man jedoch fragt, was es denn genau ist, dieses Charisma, blickt man meist in ziemlich ratlose Gesichter. Viele Leute sind überzeugt, dass es sich um ein in die Wiege gelegtes Talent handelt. Immerhin bedeutet auch das aus dem Griechischen stammende Wort Charisma in etwa „göttliche Gabe“.
Es ist meine feste Überzeugung, dass Charisma weniger mit Magie oder göttlicher Gabe zu tun hat, als vielmehr damit, dass es gewissen Menschen gelingt, so geschickt zu handeln und zu kommunizieren, dass dies auf andere Menschen anregend wirkt. Folgend, die meiner Meinung nach wichtigsten acht Punkte, welche helfen, eine charismatische Persönlichkeit zu entwickeln. Es ist aber nicht so, dass diese acht Punkte eine einfach zu befolgende Checkliste darstellen, sondern sie sind viel mehr als Anstoss zur Selbstreflexion über das eigene Verhalten gedacht.
1. Kommunikation
Alle charismatischen Personen sind grossartige Kommunikatoren. Ein grossartiger Kommunikator ist aber nicht zu verwechseln mit jemandem, der sich möglichst hochgestochen und sprachlich fehlerfrei ausdrücken kann. Bei der Kommunikation geht es primär darum, dass man verstanden wird. Dies gelingt nur, wenn man die Sprache der Zuhörer spricht. Die Sprache sollte schlicht sein und klar in der Botschaft. Auf keinen Fall darf ein Kommunikator einen hochtrabenden Jargon nutzen, ausser er will den Eindruck eines blasierten Bachelor-Absolventen erwecken.
Ein charismatischer Redner liest seine Texte nicht ab, er spricht frei, denn geschriebene Sprache unterscheidet sich wesentlich von gesprochener Sprache und ist für den Zuhörer viel schwieriger zu folgen.
Weiter gilt: Wenn man öffentlich auftritt muss man sich seiner Kernbotschaft bewusst sein. Diese Kernbotschaft muss in verständlicher Weise mehrmals wiederholt werden. Lassen sie den Leuten Zeit zum Zuhören und zum Mitdenken. Nicht zu schnell sprechen, Pausen einbauen, die Kernbotschaft repetieren und wenn möglich mit einprägsamen Beispielen und Geschichten unterstreichen.
Das Übermitteln einer verständlichen Kernbotschaft reicht aber noch nicht aus. Entscheidend ist, dass der Kommunikator auch seine Gefühle zum Ausdruck bringt und zwar in einer Art und Weise, dass diese Emotionen auf die Zuhörerschaft überspringen. Ein charismatischer Redner nutzt seine Gestik, seine Körpersprache, die Sprachgeschwindigkeit, und die Intonation wie ein Regisseur die Filmmusik, um die notwendige Atmosphäre zu kreieren.
2. Empathie
Charismatische Personen haben nicht nur die Fähigkeit, sondern auch die Bereitschaft, die Gefühle, Empfindungen, Ängste und Hoffnungen, Sorgen, Motive, Gruppen- und Persönlichkeitsmerkmale der Mitmenschen wahrzunehmen und zu verstehen. Dies wiederum hilft ihnen dabei, angemessen auf eben diese Gefühle anderer Menschen zu reagieren. Leute, die bereit sind die Empfindungen anderer Personen zu erkennen und ihr Handeln entsprechend anzupassen, werden als fürsorglich empfunden. Fürsorglichen Menschen schenkt man gerne sein Vertrauen, denn sie sind auch verantwortungsbewusst, selbstlos und vertrauenswürdig. Alles Qualitäten, die man sich von einem Leader wünscht. Wer will schon einer Person folgen, von der man annimmt, sie sei ignorant, gefühlslos und verantwortungslos?
3. Selbstkontrolle
„Der sei der Mächtigste, der sich selbst in der Gewalt hat“, schrieb Seneca in einem Brief an Lucilius, und die Bibel mahnt: „Ein Mann, der seinen Zorn nicht zurückhalten kann, ist wie eine offene Stadt ohne Mauern.“ Eine Führungskraft sollte als Fels in der Brandung, als Leuchtturm in der Dunkelheit wahrgenommen werden. Menschen, welche die Nerven verlieren, unkontrollierte Wutausbrüche haben, anfällig auf äussere Einflüsse sind, ihre Meinung ständig ändern und emotional unstet und in der Entschlussfassung zögerlich sind, denen wird die Gefolgschaft verwehrt. Charismatische Personen vermitteln glaubwürdig den Eindruck, dass sie aus dem grössten Chaos, aus der tiefsten Krise oder aus der schlimmsten Katastrophe einen Weg kennen. Einen Weg kann aber nur kennen, wer ruhig, fokussiert und rational bleibt. Es ist nicht erstaunlich, dass viele der charismatischsten Persönlichkeiten der Geschichte gerade in Situationen der grössten Not aufgetaucht sind. In Situationen, in welchem die meisten Menschen die Übersicht verloren hatten und sich fragten, ob sie diese Situation jemals unbeschadet überstehen würden.