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Piraten sind die besseren Chefs!


Piraten haben einen schlechten Ruf. Sie gelten als brutale Räuber der Meere. Tatsächlich führten sie ihre Unternehmen aber äusserst modern und menschenorientiert. Die Seeräuber pflegten einen partizipativen und demokratischen Führungsstil. Rassismus gab es nicht und Gleichberechtigung wurde gelebt. Auch hatten sie schon im 17. Jahrhundert ein Krankenkassen-System und die gleichgeschlechtliche eingeschriebene Partnerschaft kannten sie ebenfalls. Ein Blick auf den Führungsstil der Piraten lohnt sich.

Schon seit meiner Kindheit faszinieren mich Aussenseiter, Renegaten und Rebellen. Ein gewisses Misstrauen gegenüber dem Konformen, dem Normalen, oder gegenüber Autoritäten begleitet mich seit meiner Schulzeit. Gestärkt wurde diese Skepsis durch gewisse Lehrer und Lehrerinnen, die ich in den 80er und 90er Jahren zu erdulden hatte. Statt mittels Sinnvermittlung zu motivieren, beschränkten sie sich auf Sprüche wie „es ist so, weil es ist so“.

Kritisches Denken war aber nicht nur bei einer stattlichen Anzahl meiner damaligen Pädagogen unerwünscht, es ist vielmehr ein weitverbreitetes Phänomen. Nicht selten trifft man in allen möglichen Bereichen des Lebens auf Führungskräfte, die eine Infragestellung ihres Tuns nicht akzeptieren können. Solche Autoritätspersonen werden alles unternehmen, dass die unliebsamen Mitglieder ihrer Organisation aussortiert werden.

Gleichzeitig wissen jene, welche sich ein wenig mit Geschichte befassen, dass es gerade die Renegaten, die gesellschaftlichen Aussenseiter, die Freaks sind, welche für die Entwicklung einer Gesellschaft von grösster Bedeutung sind. Es sind die Prostituierten, Piraten, Sklaven, Vagabunden, Rocker, Nerds usw., die sich gegen die sozialen Wächter, gegen die Eliten gestellt haben, sich nicht an die gesellschaftlichen Normen gehalten haben, und so durch ihr Tun den Mitgliedern einer Gesellschaft schlussendlich zu mehr individueller Freiheit, Gleichberechtigung und Gerechtigkeit verholfen haben und somit gleichzeitig auch zur Weiterentwicklung und zum Erfolg einer Gesellschaft beigetragen haben. Es sind die Renegaten, welche Regeln, Normen und Gesetze in Frage stellen, welche keinen Sinn ergeben.

Aus diesem Grund sollten wir in unseren Organisationen kritisches Denken und Handeln nicht unterdrücken oder versuchen dieses zu verbannen. Im Gegenteil, wir sollten es fördern, denn sinnlose Regeln, sinnloses Tun, sinnlose Verhaltensweisen sind reine Zeit- und Energieverschwendung und somit dem Erfolg nicht dienlich.

Ein Blick in die Organisation und Verhaltensweisen von Subkulturen lohnt sich deshalb auch für konventionelle Führungskräfte. Besonders angetan haben es mir die Piraten (Dies wahrscheinlich auch deshalb, weil einer meiner Vorfahren ein Freibeuter war. Gemäss einem Schreiben, welches die holländische Krone im 19. Jahrhundert meiner Familie schickte, hatte der Mann im 18. Jahrhundert einen Kaperbrief der niederländischen Regierung).

Die Piraterie, vor allem während ihrem Goldenen Zeitalter vom 16. bis 18. Jahrhundert, war auch eine Abkehr von den rigiden und ungerechten gesellschaftlichen Normen, welche in den Ländern damals vorherrschten. Die Menschen, welche zu Piraten wurden, waren meist Menschen, welche ausserhalb der geltenden gesellschaftlichen Normen standen. Es waren die Misfits, die Unterdrückten, die Chancenlosen der damaligen Zeit.

Die Piraten entwickelten eine ganz andere Kultur, als diejenige, die in den regulären Staaten gang und gäbe war. Die heute übliche Meinung ist, dass Piraten sich zusammentaten um Böses zu tun. Tatsache aber ist, dass die Piraterie vielmehr eine Antwort auf Böses war, nämlich auf einen ungerechten Staat und auf despotische Schiffsunternehmer und Kapitäne, welche ihre Macht regelmässig und mit grosser Brutalität missbrauchten. Als Seemann war man einem Kapitän der Handelsmarine oder der damaligen Seestreitkräfte vollständig ausgeliefert.

Es war also weniger die Habgier, als vielmehr die Angst vor dem permanenten Missbrauch durch die Vorgesetzten oder durch die Staatsgewalt und den Wunsch frei zu leben, welche Menschen in die Piraterie führte. Nicht nur entzogen sie sich dadurch der staatlichen und gesellschaftlichen Tyrannei, sie machten damit auch wirtschaftlich mehrere Schritte vorwärts.

Was können wir heute als Führungskräfte von den damaligen Piraten lernen? Nun, ich bin der Meinung, dass es in allen Bereichen guttun würde, wenn wir etwas mehr Piraten hätten und wären.

All jenen, die nun den Kopf schütteln und meinen, dass ich die angeblichen Grausamkeiten der Piraten gutheisse, sei gesagt, dass die Gewalt im Zusammenhang mit dem damaligen Zeitgeist betrachtet werden muss. Gewalt war in der damaligen Zeit in allen Lebensbereichen allgegenwärtig und somit sind auch die Gewalttaten der Piraten, welche weit weniger extrem waren, als jene der legalen und staatlichen Akteure, zu relativieren.

Folgend die Lehren der Führungspraxis der Piraten:

1. Gerechter Lohn