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Was in meiner Macht liegt!


Immer wieder widerfahren uns Dinge, die wir uns nicht so gewünscht oder vorgestellt haben. Schmerzlich wird uns bewusst, dass wir nicht sämtliche Bereiche unseres Lebens kontrollieren können. Was aber immer in unserer Kontrolle liegt, ist die Art und Weise wie wir auf solche Ereignisse reagieren. Die Stoiker lehren uns, dass ein wichtiger Aspekt eines erfolgreichen und glücklichen Lebens genau darin besteht, die Fähigkeit zu entwickeln, zwischen jenen Dingen, die in unserer Macht liegen und jenen, die nicht in unserer Macht liegen, zu unterscheiden.


Der Stoizismus wird heute immer noch oft mit Kaltherzigkeit und dem Unterdrücken von Gefühlen gleichgesetzt. Die primäre Absicht des antiken Stoizismus war es aber, herauszufinden, wie man am besten lebt. Dazu schreibt der zeitgenössische Philosoph Lawrence Becker in seinem Buch «A new Stoicism»: "Sein zentrales, verbindendes Anliegen ist die Frage, was man tun oder sein sollte, um gut zu leben - um zu gedeihen."[1]


Das Ziel des Stoizimus ist es somit, ein glücklicheres Leben führen zu können. Obwohl der Stoizismus eine sehr alte Philosophie ist, ist diese auch heute noch aktuell und kann von allen Menschen praktiziert werden. Der Stoizismus ist im Grunde eine Philosophie zur Minimierung der negativen Emotionen und zur Maximierung der Dankbarkeit und Freude.



Besonders reizvoll am Stoizismus ist, dass er das ist, was Philosophieprofessor Massimo Pigliucci eine "ökumenische Philosophie" nennt. Die Grundsätze des Stoizimus ergänzen die vieler anderer Philosophien oder Religionen. Sie können Elemente des Stoizismus praktizieren und trotzdem dem Christentum, dem Judentum, dem Atheismus, dem Buddhismus oder sonst einer Glaubensrichtung nachgehen.


Schlussendlich geht es beim Stoizismus darum, Freude, Erfüllung und Gelassenheit zu finden und die Gesellschaft zu einem besseren Ort für alle zu machen.


Es gibt zahlreiche stoische Prinzipien, die uns dabei helfen, ein besseres Leben führen zu können. Ich werde in mehreren Artikeln einige dieser Prinzipien thematisieren. In diesem Artikel befasse ich mich mit dem Prinzip der Dichotomie der Kontrolle. Kurz dem Bewusstsein darüber, dass es Dinge gibt die unserer Machtliegen und andere nicht.


Ein wesentlicher Bestandteil des Stoizismus ist zu Erkennen über welche Dinge wir in unserem Leben Kontrolle haben und über welche nicht. Das Problem ist, dass wir nicht selten einer Illusion der Kontrolle unterliegen. Wir meinen viel mehr Kontrolle und Einfluss über unser Leben zu haben, als dem ist. Besonders bei erfolgreichen Menschen ist die Gefahr der Kontrollillusion gross. Dies, weil wir dazu neigen, dass wir unsere Erfolge als alleinige Resultate unseres eigenen Tuns wahrnehmen. Bei Misserfolgen tun wir genau das Gegenteil, wir reden uns ein, dass es Dinge waren, die ausserhalb unserer Kontrolle gelegen sind, welche zum unerfreulichen Resultat geführt haben.


Natürlich kann es in einem gewissen Sinne für mein Selbstwertgefühl nützlich sein, wenn ich Gründe für mein Scheitern externen Umständen zu schieben kann. Es ist auch nicht grundsätzlich falsch, da tatsächlich ganz viele unkontrollierbare Faktoren einen Einfluss auf das Resultat eines Unterfangens haben. Genauso ist es richtig, wenn ich mir bei einem Erfolg darüber bewusst bin, was ich selber zum erfreulichen Ausgang beigetragen habe.


Wenn wir aber nicht in der Lage sind zu erkennen, was in meiner Macht liegt und was nicht, dann kann diese Kontrollillusion bei Erfolgen zu einer massiven Selbstüberschätzung, bei Misserfolgen zu Frustration führen.


Für ein zufriedenes und schlussendlich auch ein erfolgreiches Leben sind Selbstüberschätzung und Frustration aber wahres Gift. Wir müssen uns also immer wieder bewusstwerden, was wir kontrollieren und was nicht.


Professor Massimo Pigliucci liefert in seinem Buch «Die Weisheit der Stoiker» eine Metapher von Cicero, die uns helfen soll, diese Sichtweise zu veranschaulichen. Stellen Sie sich einen Bogenschützen vor, der ein Ziel zu treffen versucht. Cicero erklärt, dass eine Reihe von Dingen seiner Kontrolle unterliegt: Er entscheidet selbst, wie stark er seinen Bogen spannt; er hat Material ausgewählt, das zur Entfernung und zur Art des Zieles passt; er zielt so gut, wie er kann, und bestimmt den richtigen Moment für den Abschuss. Mit anderen Worten: Er kann Einfluss nehmen bis zu jenem Augenblick, da der Pfeil den Bogen verlässt. Ob der Pfeil das Ziel trifft, ja oder nein, das hingegen steht nicht mehr in seiner Macht."


Für viele von uns entstehen Frustrationen dadurch, dass wir uns zu sehr auf das konzentrieren, was ausserhalb unserer Kontrolle liegt, und wir uns zu wenig auf das fokussieren, was wir tatsächlich beeinflussen können.


Ein Sportler kann sich auf einen Wettkampf vorbereiten, er kann trainieren, er kann genügend schlafen und gut essen, auf die Leistung seines Gegners, die Fähigkeit des Schiedsrichters, das Wetter, das Verhalten der Fans oder auf das Verletzungspech, hat er keine Kontrolle.


Unsere Unfähigkeit, zwischen dem, was wir kontrollieren können, und dem, was wir nicht kontrollieren können, zu unterscheiden, führt schliesslich dazu, dass wir leiden.


Dies geschieht aus zwei Hauptgründen: Erstens wir vergeuden viel Energie und Zeit mit Dingen, die wir nicht ändern können, und zweitens versäumen wir es, die Verantwortung für jene Bereiche unseres Lebens zu übernehmen, die wir tatsächlich beeinflussen können.


Nehmen wir ein ganz einfaches Beispiel: Wir werden mit Neuigkeiten aus der ganzen Welt bombardiert. Mit jeder neuen Nachricht oder Meld