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Die Kunst des Zuhörens: Entfesseln wir die Macht des Dialogs, um Hass und Spaltung zu besiegen


Meinungsfreiheit am Scheideweg, Intoleranz im Namen der Toleranz, und die Macht des Dialogs: Das sind nur einige der Themen, die ich in der 100. Ausgabe meines Podcasts ‚Der Stoische Pirat‘ diskutiere.


Wir leben in einer Zeit, in der die Ausgrenzung unliebsamer Meinungen und die Einschränkung des freien Denkens alarmierende Ausmaße annehmen. Eine Zeit, in der die Spaltung unserer Gesellschaft zunimmt, in der es ein “Wir gegen Euch” gibt, dass unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt bedroht. Der Glaube an die eigene moralische Überlegenheit und eine Art Meinungsdiktat, das an religiöse fanatische Tendenzen erinnert, scheinen allgegenwärtig zu sein.

 



Dieser Zustand wird noch durch die Flut an Gesetzen und Regulationen verschärft, die erzieherisch auf Andersdenkende wirken sollen. Unliebsame Wahrheiten werden ausgeblendet, und die übersteigerte Sensibilität sowie der confirmation bias haben Hochkonjunktur. Wir fordern Solidarität, sind jedoch nicht bereit, sie selbst zu gewähren. Menschen werden nicht mehr nach ihren Taten, sondern nach ihrer politischen Gesinnung beurteilt und verurteilt. All das führt zu massiver Intoleranz im Namen der Toleranz, zum Abbau der Demokratie im Namen der Demokratie, zur Einschränkung der Meinungsfreiheit im Namen der Meinungsfreiheit.

 

In einer Welt, in der Spaltung und Missverständnisse an der Tagesordnung sind,sollten wir uns an die Worte des Ausschwitz-Überlebenden Viktor E. Frankl erinnern: “Es gibt nur zwei Rassen von Menschen: die Anständigen und die Unanständigen.” Und diese zwei Rassen, so Frankl, findet man überall unabhängig der Hautfarbe, Religion, Geschlecht oder politischen Meinung. Dies sollte uns mehr denn je daran erinnern, dass wir alle menschlich sind, mit denselben Wünschen, Hoffnungen und Ängsten.

 

George Orwell warnte uns ebenfalls: “Wenn Freiheit überhaupt etwas bedeutet, dann das Recht, anderen Leuten das zu sagen, was sie nicht hören wollen.” Dieses Recht ist heute in Gefahr und muss geschützt werden.

 

Albert Einstein mahnte uns: “Es ist schwieriger, ein Vorurteil zu zerbrechen als ein Atom.” Viele von uns leben in Echokammern, verstärkt durch soziale Medien und unsere eigene Voreingenommenheit. Doch der erste Schritt, um diese Barrieren zu überwinden, ist das Zuhören, wir müssen uns zuerst bemühen zu verstehen, bevor wir versuchen verstanden zu werden.

 

 

Meine Damen und Herren,

 

in Zeiten der Spaltung, der Unsicherheit und des Misstrauens steht mehr auf dem Spiel als nur Meinungsverschiedenheiten. Es steht unser gesellschaftliches Gefüge selbst auf dem Spiel, das Gewebe, das uns als Gemeinschaft zusammenhält.

 

Wir müssen einander hören und miteinander reden.

 

Warum? Weil die Alternative ein Abgrund der Entfremdung ist, in den wir alle hinabstürzen könnten. Ein Abgrund, der den Samen der Intoleranz, der Ausgrenzung und des Hasses sät. Ein Abgrund, der langsam, aber sicher, zu einer Eskalation der Gewalt führt. Wir müssen uns der Wahrheit stellen: Wo Dialog versagt, gedeiht Gewalt.

 

Ein Argument ist mehr als nur ein Ausrufezeichen in einer endlosen Debatte. Es ist eine Brücke. Eine Brücke zu einem anderen Menschen, zu einer anderen Sichtweise, vielleicht sogar zu einer besseren Lösung. Durch Zensur und Denunziation zerstören wir diese Brücken. Aber wenn wir diese Brücken abreißen, isolieren wir diejenigen, die anders denken, und treiben sie in die Dunkelheit.

 

Denn wer nicht gehört wird, zieht sich zurück. Wer nicht ernstgenommen wird, verliert den Glauben an die Gemeinschaft. Und in dieser Dunkelheit wird aus Meinungsverschiedenheit Hass, und aus Hass wird Gewalt.

 

Lassen Sie uns also mutig sein, aber auch selbstkritisch. Keiner von uns ist fehlerfrei oder allwissend. Respektieren wir die Menschen, auch wenn wir ihre Meinungen nicht teilen. Suchen wir das Gemeinsame, das Menschliche, das uns alle verbindet.

 

Es ist Zeit für einen Kurswechsel. Zeit, das Gespräch zu suchen, statt es zu vermeiden. Zeit, Brücken zu bauen, statt Mauern zu errichten. Denn wenn wir jetzt nicht handeln, wenn wir jetzt nicht zuhören, wenn wir jetzt nicht respektieren, dann lassen wir zu, dass unsere Gesellschaft auseinanderbricht.

 

Denken Sie mal darüber nach: In der Tiefe unserer Herzen, jenseits der Oberflächlichkeiten unserer Berufe, unserer sozialen Rollen und der Masken, die wir tagtäglich tragen, pulsieren universelle Sehnsüchte. Ob Frau oder Mann, ob jung oder alt, ob Bauarbeiter, Polizist, Lehrer, Banker, Anwalt oder Bundesrat - wir alle teilen denselben Kern des menschlichen Strebens: Wir möchten geliebt werden und glücklich sein.

 

In unserer unersättlichen Sehnsucht, geliebt zu werden und Glück zu erfahren, übersehen wir oft eine grundlegende Wahrheit: Das Glück, das wir empfangen, ist direkt proportional zum Glück, das wir geben. Und die Liebe, die wir ersehnen, spiegelt die Liebe wider, die wir anderen entgegenbringen. Wir können nicht in einer Blase des Selbstmitleids und der Isolation leben und gleichzeitig erwarten, dass Wärme und Zuneigung uns von außen umarmen.

 

Wenn wir also wahrhaftig geliebt werden wollen und ein erfülltes, glückliches Leben anstreben, müssen wir selbst zu Quellen der Liebe und des Glücks für andere werden. Dies verlangt von uns, unsere besten Tugenden in den Vordergrund zu stellen. Es verlangt von uns, tief in unser Innerstes zu blicken und jene Werte wie Menschlichkeit, Grossmut und Bescheidenheit (Humbleness) hervorzubringen. Diese Tugenden sind nicht nur unsere moralischen Kompassnadeln, sondern auch die Brücken, die uns mit anderen verbinden. Sie ermöglichen es uns, über unsere eigenen Bedürfnisse hinauszuschauen und die Welt durch die Augen der anderen zu sehen.

 

In einer Zeit, in der Spaltung und Entfremdung allgegenwärtig zu sein scheinen, sollten wir uns daran erinnern, dass wahres Glück und Liebe nur dann gefunden werden können, wenn wir bereit sind, sie bedingungslos zu teilen und in anderen das zu sehen, was wir in uns selbst suchen: das Bedürfnis nach Verbindung, Verständnis und Zuneigung.

 

Jeder Mensch, der vom Diskurs ausgeschlossen wird, der nicht gehört wird, erlebt eine tiefe Verletzung dieses Grundbedürfnisses nach Anerkennung und Wahrnehmung. Wenn wir uns nicht gesehen und verstanden fühlen, werden wir zu Schatten, zu Geistern in einer lauten und überfüllten Welt. Ein solcher Zustand der Ignoranz kann die Seele erdrosseln und ihr den Lebenswillen rauben. Wer nicht wahrgenommen wird, kann nicht lieben und nicht geliebt werden. Er kann nicht das Glück finden, das ihm zusteht. Ein Mensch, dessen Stimme zum Schweigen gebracht wird, ist ein Mensch, in dessen Innerem sich Frustration und Zorn ansammeln. Wo die Flamme des Hasses zu brennen beginnt, ist der Funke der Gewalt nicht weit. Und wo Gewalt einmal Wurzeln schlägt, droht Tod und Zerstörung aufzublühen.

 

Lasst uns nicht vergessen: Wenn wir die Türen der Kommunikation und des Verstehens schließen, riskieren wir, dass sich die Fenster der Gewalt und des Hasses öffnen.

 

Es ist leicht, in einer Welt voller Informationen und Meinungen den Pfad zu verlieren und sich in den Abgründen des Hasses und des Missverständnisses zu verfangen. Doch erinnern wir uns an die Worte von Mahatma Gandhi: "Du musst selbst die Veränderung sein, die du in der Welt sehen möchtest."

 

Ich fordere Sie alle auf: Hört anderen zu, begegnet jedem Individuum mit Offenheit und Respekt und erkennt die Menschlichkeit in jedem von uns. Setzen Sie sich für das ein, woran Sie glauben, akzeptieren sie aber auch, dass andere dies auch tun dürfen, auch jene Menschen, die eine andere Meinung haben als sie. Und erinnern Sie sich immer daran, dass das Leben zu kurz ist, um Hass und Vorurteile zu hegen. Es ist an der Zeit, Brücken zu bauen, nicht Mauern.

 

Und denken Sie daran: Es sind nicht notwendigerweise die Menschen mit extremen Positionen, die unsere Gesellschaft spalten. Tatsächlich haben extreme Ideen oft den Nährboden für Fortschritt und Veränderung geboten. Aber es gibt eine wichtige Unterscheidung, die wir treffen müssen: Es sind nicht die Ideen, die gefährlich sind, sondern die Menschen, die sie in zelotischer Weise vertreten.

 

Fanatiker, Eiferer, Zeloten – sie sind die wahren Spalter. Sie sind diejenigen, die so fest in ihrem Glauben verankert sind, dass sie jeden Widerspruch als Angriff wahrnehmen, jede andere Meinung als Bedrohung. Diese Menschen findet man überall, in jedem politischen Spektrum. Im Gegensatz dazu stehen jene, die zwar feste Überzeugungen haben, aber offen für das Gegenargument sind, jene, die wissen, dass die Suche nach Wahrheit niemals abgeschlossen ist.

 

Die Eiferer sind davon überzeugt, die Wahrheit zu kennen. Ihr Glaube ist unerschütterlich, und je geringer ihr Wissen ist, desto fester ist ihr Glaube. Diese Menschen sind die Gefahr, nicht die Ideen, die sie vertreten.

 

Also lasst uns Suchende der Wahrheit werden, nicht Prediger einer angenommenen, unumstößlichen Wahrheit. Lasst uns Ideen überprüfen, selbst extreme, und lasst uns das Gespräch suchen, zuhören und voneinander lernen. Geben wir den Eiferern, den Bevormundern und Intoleranten eine Abfuhr, aber nicht den Ideen, die sie repräsentieren könnten. Nur so können wir als Gesellschaft wachsen, uns weiterentwickeln und wirklich vorankommen.

 

Martin Luther King Jr. brachte es auf den Punkt, als er sagte: “Wir müssen lernen, zusammen als Brüder zu leben, oder wir werden alle zusammen als Narren untergehen.”

 

So that’s it!

 

Ich hoffe, ich konnte Euch ein wenig zum Nachdenken anregen.


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