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Gerüchte, Dummheit und die Kunst der aufrichtigen Entschuldigung



Haben Sie schon einmal erlebt, dass ein unbedachter Kommentar zu einem Sturm im Wasserglas führt? In diesem Beitrag teile ich eine persönliche Erfahrung über Gerüchte am Arbeitsplatz, die Unterschiede zwischen böswilliger Absicht und einfacher Dummheit und warum eine echte Entschuldigung niemals von Rechtfertigungen begleitet sein sollte.



Ich möchte etwas mit Ihnen teilen, das mich in den letzten Tagen tief beschäftigt hat. Es handelt sich um einen Vorfall, der auf den ersten Blick vielleicht banal erscheint, aber bei näherer Betrachtung viel über unsere Arbeitskultur und unseren Umgang miteinander aussagt.


Kürzlich fand eine Sitzung statt, an der ich nicht teilnahm. Eine Arbeitskollegin machte dort eine beiläufige Bemerkung über ein Projekt, an dem ich gerade arbeite. Diese Bemerkung war unglücklich formuliert und basierte auf falschen Annahmen. Was als harmloser Kommentar begann, entwickelte sich rasch zu einem Gerücht, das sich wie ein Lauffeuer verbreitete. Ehe ich es mich versah, stand ich im Mittelpunkt eines Sturms im Wasserglas, ohne überhaupt zu wissen, was geschehen war.


Die Reaktionen darauf waren überraschend heftig. Anstatt innezuhalten und die Informationen zu überprüfen, ließen sich viele von ihren ersten Emotionen mitreissen. Es wurde spekuliert, diskutiert und verurteilt – alles ohne meine Beteiligung oder Stellungnahme. Man ging vom schlimmstmöglichen Szenario aus, ohne die Fakten zu kennen. Seneca sagte einst: "Es ist nicht, was dir widerfährt, sondern wie du darauf reagierst, was zählt." Leider reagieren die meisten Menschen bei Konflikten nicht stoisch, sondern lassen sich von ihren Gefühlen leiten.


Die Kollegin, die das Gerücht in die Welt gesetzt hatte, war selbst überrascht von der Welle, die sie ausgelöst hatte. Es erinnerte mich an Goethes 'Zauberlehrling': "Die Geister, die ich rief, werd ich nun nicht los." Sie stach ins Wespennest und war verwundert, als die Wespen ausschwärmten.


Nachdem ich von alledem erfuhr, kontaktierte sie mich. In einer langen E-Mail versuchte sie, ihre Handlung zu erklären. Drei Absätze voller Rechtfertigungen, gefolgt von einer knappen Entschuldigung. Das brachte mich zum Nachdenken über die Natur von Fehlern, Entschuldigungen und Rechtfertigungen.


Ich fragte mich: War ihre Handlung böswillig oder einfach nur unbedacht? War es Neid, Missgunst oder schlichtweg Dummheit? Nach reiflicher Überlegung kam ich zu dem Schluss, dass es sich um Letzteres handelte. Dummheit ist keine Charakterschwäche, sondern ein Mangel an Urteilskraft in einer bestimmten Situation. Wir alle haben schon Fehler aus Unwissenheit oder mangelnder Weitsicht gemacht. Wichtig ist, dass wir daraus lernen und es in Zukunft besser machen. Wie Albert Einstein einst sagte: "Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit, aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher."


Dummheit kann man verzeihen. Sie entspringt nicht aus Bosheit, sondern aus Unachtsamkeit oder mangelnder Erfahrung. Wenn wir erkennen, dass keine böswillige Absicht hinter einer Handlung steckt, fällt es uns leichter, Nachsicht zu üben und das Geschehene als Lehrmoment zu betrachten.


Hier möchte ich einen Moment innehalten, um über den Unterschied zwischen einer aufrichtigen Entschuldigung und einer Rechtfertigung zu sprechen. Wenn wir einen Fehler gemacht haben – sei es durch Unachtsamkeit, mangelnde Überlegung oder Fahrlässigkeit – ist eine ehrliche Entschuldigung angebracht. Eine Entschuldigung bedeutet, die volle Verantwortung zu übernehmen und anzuerkennen, dass wir falsch gehandelt haben.


Eine Rechtfertigung hingegen dient dazu, unser Verhalten als richtig darzustellen, trotz des negativen Ausgangs. Das Wort selbst sagt es schon: Wir versuchen, unser Handeln zu rechtfertigen, es als gerecht oder korrekt hinzustellen. Wenn eine Entschuldigung von Rechtfertigungen begleitet wird, verliert sie an Gewicht. Sie wirkt nicht mehr aufrichtig, sondern eher wie ein Versuch, den Fehler zu relativieren oder abzuschwächen.


Nehmen wir zum Beispiel jemanden, der in einer Beziehung fremdgegangen ist. Statt sich aufrichtig zu entschuldigen und die volle Verantwortung zu übernehmen, beginnt er, Gründe und Rechtfertigungen anzuführen: "Ich fühlte mich von dir vernachlässigt," oder "Wir hatten in letzter Zeit so viele Streitigkeiten," oder "Es ist einfach passiert, weil ich mich einsam gefühlt habe." Solche Rechtfertigungen untergraben die Entschuldigung und deuten darauf hin, dass er das gleiche Verhalten unter ähnlichen Umständen wiederholen könnte. Eine echte Reue würde bedeuten zu sagen: "Es tut mir leid. Ich habe einen schweren Fehler gemacht und übernehme die volle Verantwortung dafür."


Es gibt jedoch Situationen, in denen eine Rechtfertigung angemessen ist. Wenn äussere Umstände, die ausserhalb unserer Kontrolle liegen, zu einem unerwünschten Ergebnis führen, können wir erklären, warum etwas schiefgelaufen ist. Nehmen wir zum Beispiel ein Unternehmen, das während der Corona-Pandemie Umsatzeinbussen erlitten hat. Die Geschäftsführung konnte die Pandemie und die daraus resultierenden staatlichen Maßnahmen nicht vorhersehen oder beeinflussen. Hier ist es angemessen, die Situation zu erklären und zu rechtfertigen, warum bestimmte Ziele nicht erreicht wurden. Eine Entschuldigung wäre unangebracht, da die Ursachen außerhalb der Kontrolle des Managements lagen.


Doch wenn unser eigenes Handeln das Problem verursacht hat, wenn wir unüberlegt oder nachlässig waren, ist eine Entschuldigung ohne Wenn und Aber erforderlich. Eine Rechtfertigung in diesem Kontext signalisiert lediglich, dass wir unser Verhalten nicht wirklich bereuen und es in Zukunft vielleicht genauso wiederholen würden. Das untergräbt die Glaubwürdigkeit der Entschuldigung und verhindert echte Reue und Besserung.


Ich habe darüber nachgedacht, warum Menschen in solchen Momenten dazu neigen, sich zu rechtfertigen. Vielleicht dient die Rechtfertigung weniger dem Empfänger der Entschuldigung, sondern mehr der eigenen Psychohygiene. Es fällt uns oft schwer, uns selbst einzugestehen, dass wir einen Fehler gemacht haben. Durch Rechtfertigungen versuchen wir, unser Gewissen zu beruhigen und unser Selbstbild zu bewahren. Doch hier müssen wir aufpassen, dass diese Selbstrechtfertigung nicht zum Selbstbetrug wird.


Die Rechtfertigung interessiert den Empfänger der Entschuldigung meist nicht. Was zählt, ist die aufrichtige Anerkennung des Fehlers. In der Selbstreflexion können Rechtfertigungen hilfreich sein, um unser Verhalten zu verstehen und daraus zu lernen. Aber am Ende sollten wir uns fragen: Würde ich in Zukunft anders handeln? Bin ich bereit, aus diesem Fehler zu lernen? Wie Sokrates sagte: "Das ungeprüfte Leben ist nicht lebenswert."


In solchen Momenten kann es äusserst hilfreich sein, einen vertrauten Freund oder Kollegen zu haben, mit dem man offen sprechen kann. Jemanden, der ehrlich zu uns ist und uns konstruktives Feedback gibt, auch wenn es unangenehm ist. Ein solcher Dialog kann helfen, blinde Flecken zu erkennen und persönliches Wachstum zu fördern.


Als ehemaliger Kommandant einer Offiziersschule habe ich meinen Aspiranten stets eingeprägt: "No excuses!" Keine Ausreden, keine Rechtfertigungen. Steht zu euren Fehlern, lernt daraus und macht es besser. Wenn wir Fehler machen, sollten wir nicht versuchen, sie zu beschönigen oder die Schuld auf äussere Umstände zu schieben. Wie Epiktet sagte: "Es sind nicht die Dinge selbst, die uns beunruhigen, sondern die Meinungen, die wir von den Dingen haben."


In diesem Zusammenhang denke ich auch an die Worte von Friedrich Nietzsche: "Wer mit Ungeheuern kämpft, mag zusehen, dass er nicht dabei zum Ungeheuer wird." Es ist leicht, in solchen Situationen verbittert oder defensiv zu reagieren, aber was gewinnen wir dadurch? Nichts. Stattdessen sollten wir uns auf unser eigenes Handeln konzentrieren und überlegen, wie wir selbst besser reagieren können.


Ich bin dankbar, dass ich in dieser Situation mit meinem besten Freund sprechen konnte. Es ist wichtig, jemanden zu haben, mit dem man reflektieren kann, bevor man vorschnelle Entscheidungen trifft. Gemeinsam haben wir die Situation analysiert, und ich konnte meine Emotionen ordnen. Denn am Ende des Tages liegt es an uns, wie wir auf Herausforderungen reagieren. Wie Viktor Frankl sagte: "Zwischen Reiz und Reaktion liegt ein Raum. In diesem Raum liegt unsere Macht zur Wahl unserer Reaktion. In unserer Reaktion liegen unser Wachstum und unsere Freiheit."


Was nehme ich also aus dieser Erfahrung mit? Zum einen, dass wir alle Fehler machen können und dass Dummheit keine böswillige Absicht ist. Zum anderen, dass eine aufrichtige Entschuldigung ohne Rechtfertigungen der erste Schritt zur Wiedergutmachung ist. Und schliesslich, dass wir selbst entscheiden können, wie wir auf solche Situationen reagieren.


Ich möchte Sie alle ermutigen, in ähnlichen Situationen innezuhalten und nachzudenken. Fragen Sie sich: Ist die Person böswillig oder hat sie einfach einen Fehler gemacht? Können wir verzeihen und gemeinsam voranschreiten? Und wenn wir selbst einen Fehler machen, stehen wir dazu ohne Ausreden?


Zum Abschluss möchte ich mit den Worten von Mahatma Gandhi enden: "Die Schwachen können nicht verzeihen. Verzeihen ist eine Eigenschaft der Starken." Lassen Sie uns stark sein. Lassen Sie uns verzeihen, lernen und wachsen. Denn nur so können wir eine Kultur schaffen, die auf Vertrauen, Respekt und Verständnis basiert.


Denken wir daran, dass wir alle Teil eines Ganzen sind und dass unser Umgang miteinander den Unterschied macht. Stoisches Handeln bedeutet nicht, emotionslos zu sein, sondern die Kontrolle über unsere Emotionen zu haben und besonnen zu reagieren. Lassen Sie uns diese Weisheit in unseren Alltag integrieren.


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Ich hoffe, dieser Beitrag konnte Sie zum Nachdenken anregen und vielleicht sogar inspirieren. Wenn Ihnen dieser Text gefallen hat, würde ich mich freuen, wenn Sie ihn in Ihren Kreisen oder sozialen Netzwerken teilen. Feedback ist stets willkommen – es motiviert und hilft, sich weiterzuentwickeln.


Vielen Dank für Ihre Zeit und Aufmerksamkeit.

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verzeihen bedeutet nach vorne zu blicken, sich nicht mit Unabänderlichem sinnlos zu beschäftigen. Verzeihung braucht Mut und ist lebensbejahend.

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