Vom Schreiner zum Berater – Wie Stefan Zweifel Menschen wirklich reicher macht
- Mathias Müller
- 9. Nov.
- 4 Min. Lesezeit
Er war Tischler, Ingenieur, Divisionsleiter – und irgendwann reichte es ihm. Stefan Zweifel verliess die Komfortzone, um seine eigene Firma zu gründen. Dann kam Corona, die Aufträge brachen weg – und ausgerechnet in dieser Krise fand er zu seiner Berufung. Heute lehrt der Gründer von Zweifel Empowerment Führungskräfte, wie man mit Werten verhandelt, mit Demut führt und durch Vertrauen gewinnt. Im Podcast "Der Stoische Pirat" erzählt er, warum echte Stärke immer mit Bescheidenheit beginnt – und wie man Menschen wirklich reicher macht.
Wenn Stefan Zweifel gefragt wird, was er eigentlich tut, antwortet er mit entwaffnender Klarheit:
„Ich mache meine Kunden reicher.“ Doch es geht ihm nicht um Geld. „Reicher an Frieden, an Lösungen, an Klarheit“, präzisiert er. „Ich will, dass meine Kunden nach unserer Zusammenarbeit sagen können: Ich habe gewonnen – nicht nur Umsatz, sondern Sinn.“
Zweifel ist 52, Familienvater von vier Kindern und CEO von "Zweifel Empowerment". Seine Firma besteht aus ihm und seiner Frau – ein kleines Unternehmen mit grosser Wirkung. Er trainiert Führungskräfte, Verkäufer und Unternehmer. Er hilft ihnen, besser zu führen, besser zu verhandeln – und besser zu denken.
Was ihn auszeichnet, ist seine Geschichte. Sie beginnt nicht im Sitzungszimmer, sondern in der Werkstatt. „Ich habe mit 16 die Schule verlassen und Tischler gelernt“, erzählt er im Podcast "Der Stoische Pirat". „Ich wollte etwas schaffen, das bleibt. Holz riechen, Formen sehen, gestalten.“
Doch irgendwann sass der Handwerker hinter Berichtsordnern. Als Divisionsleiter in einem internationalen Unternehmen führte er 400 Mitarbeitende. Ein prestigeträchtiger Job – aber Zweifel war unglücklich. „Ich erinnere mich an viele Nachmittage, an denen draussen blauer Himmel war, und ich sass drinnen, bereitete Sitzungen vor. Es hat mich fast zerrissen.“
2019 zog er die Konsequenz: Er gründete seine eigene Firma – ausgerechnet kurz vor Corona. Ein mutiger Schritt, der fast sein Ende war. „Ich hatte gerade angefangen, die ersten Aufträge liefen – und dann kam der Lockdown. Alles brach weg. Ich verlor fünfstellige Beträge in wenigen Wochen.“
Doch anstatt aufzugeben, improvisierte er. „Ich machte Trainings bei mir zu Hause, fünf Personen, meine Frau kochte für alle. Es war fast familiär – und die Kunden liebten es.“
Diese Phase prägte ihn: „Ich habe gelernt, was Vertrauen bedeutet. Ich musste glauben, dass es weitergeht. Und es ging weiter. Immer, wenn ich losgelassen habe, kam Hilfe.“
Heute lehrt Stefan Zweifel andere, was ihn durch diese Zeit getragen hat: Werte.
Sein zentrales Modell nennt er „Roots to Fruits“ – von den Wurzeln bis zu den Früchten. „Die Wurzeln sind deine Werte. Der Stamm ist die Beziehung. Und die Früchte sind das Ergebnis“, erklärt er. „Viele verhandeln nur über die Frucht, über den Preis, die Sache. Aber ohne Wurzeln stirbt jeder Baum.“
Für Zweifel ist Verhandeln keine Taktik, sondern eine Haltung. Es geht um Augenhöhe. „Wenn du einen Menschen besiegst, verlierst du. Weil er zurückschlagen wird – vielleicht morgen, vielleicht in einem Jahr. Aber er wird es tun.“
Sein Ziel: „Ich will, dass beide Seiten gewinnen. Nicht im Sinn von nett, sondern im Sinn von ehrlich. Ehrlich heisst, ich sage dir, was ich will, und du sagst mir, was du willst. Dann finden wir den Weg.“
Zweifel redet nicht über Werte – er lebt sie. In seinen Seminaren zeichnet er Modelle an Flipcharts statt PowerPoint zu zeigen. „Ich bin Handwerker. Ich will, dass die Leute sehen, was sie tun. Ich will, dass sie spüren, wie Denken funktioniert.“
Einer seiner Grundwerte: Demut. „Demut heisst, sich nicht zu wichtig zu nehmen. Der Chef ist nicht der Held, sondern der Regisseur, der anderen erlaubt, Helden zu sein.“ Und er zitiert Abraham Lincoln: „Jeder Mensch kann Widrigkeiten ertragen. Wenn du den Charakter eines Menschen prüfen willst, gib ihm Macht.“
Zweifel: „Das ist das grösste Führungsproblem unserer Zeit. Viele wollen den Status, aber nicht die Verantwortung. Chef sein heisst, hinstehen, wenn es schiefgeht. Verantwortung übernehmen – auch wenn du nicht schuld bist.“
Im Gespräch mit dem Stoischen Piraten wird klar: Dieser Mann ist kein Theoretiker. Er hat selbst Krisen erlebt, Fehler gemacht, gelernt. Und er weiss, dass Führung nicht Kontrolle heisst, sondern Vertrauen.
„Ein guter Chef gibt Ziele vor – aber keine Wege. Er sagt: Da ist die Sonne. Aber wie ihr dorthin kommt, das entscheidet ihr. Ich kontrolliere nur die Meilensteine.“ Zweifel spricht von einer Führungskultur, in der Menschen Verantwortung tragen dürfen. „Wenn du alles kontrollierst, tötest du die Kreativität. Wenn du nie kontrollierst, tötest du das Vertrauen. Führung ist Balance.“
Sein Ansatz ist unbequem, aber ehrlich. Er will keine gefälligen Floskeln, keine Wohlfühlseminare. Er will Menschen, die sich trauen, zu denken – und zu fühlen. „Ich sehe viele entmutigte Menschen in der Schweiz“, sagt er. „Uns geht es zu gut. Wir haben verlernt, wofür wir kämpfen. In Asien, wo ich oft arbeite, haben die Leute Hunger. Im wörtlichen und im übertragenen Sinn.“
Er selbst hat diesen Hunger nie verloren – nach Freiheit, Sinn und Wirkung. „Ich bin dankbar“, sagt er. „Weil ich weiss, wie es ist, nichts zu haben. Ich weiss, wie es ist, am Schreibtisch zu sitzen und zu spüren: Ich kann nicht mehr. Und ich weiss, wie es ist, wieder aufzustehen.“
Wer diesen Podcast hört, bekommt keine Ratgeber-Floskeln, sondern eine Lektion über Menschlichkeit. Eine Stunde mit einem Mann, der aus Holz und Herz geschnitzt ist. Ein Handwerker, der heute Seelen und Systeme formt. Ein Unternehmer, der uns erinnert, dass jedes Geschäft zuerst eine Begegnung ist.
„Ich mache meine Kunden reicher“, sagt Stefan Zweifel. Und nach diesem Gespräch versteht man, was er wirklich meint.



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