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Ein vorbildlicher CEO und sein humanistischer Führungsstil


Folgend eine wunderschöne Geschichte über einen aussergewöhnlichen CEO und dessen humanistischen, extrem nachhaltigen und erfolgreichen Leadership-Stil.




Vielleicht haben Sie schon von Dan Price gehört. Wenn nicht, dann ist es Zeit, dass Sie diesen 1984 geborenen Unternehmer aus Seattle kennenlernen.


Dan hat im Jahre 2004 zusammen mit seinem Bruder die Firma Gravity Payments ins Leben gerufen.


Gravity Payments ist ein Kreditkarten- und Finanzdienstleistungsunternehmen mit Sitz in Seattle. Die Unternehmung hat heute rund 200 Angestellte und macht einen jährlichen Gewinn von gegen 50 Millionen Dollar.


Dan Price ist also ein recht erfolgreicher Unternehmer. Nicht viele von uns können behaupten, sie hätten im Alter von 20 Jahren eine Firma gegründet, die 17 Jahre später noch existiert und zudem fast 50 Millionen Dollar Gewinn pro Jahr abwirft.


Dies ist eine beeindruckende Leistung. Doch viel beeindruckender ist Dan Prices’ Führungsstil.


Im Jahre 2011 hatte Price ein Schlüsselerlebnis mit Jason Haley.


Haley war ein 32-jähriger Telefontechniker bei Gravity, der etwa 35.000 Dollar im Jahr verdiente. An besagtem Tag im Jahre 2011 war er richtig schlecht gelaunt.


Price hatte das bemerkt, und als er Haley draussen bei einer Raucherpause entdeckte, sprach er ihn an. "Sieht aus, als würde dich etwas bedrücken", sagte Price und fragte Haley was ihm auf dem Herzen liege.


Haley schnauzte seinen Boss an: «Du zockst mich ab!»


Price war völlig verblüfft.


Haley war bekannt als eher schüchterner und zurückhaltender Typ. Auf keinen Fall ein Typ, der zu Wutausbrüchen neigt.


"Ihr Gehalt richtet sich nach den marktüblichen Sätzen", entgegnete Price. "Wenn Sie andere Daten haben, lassen Sie es mich bitte wissen. Ich habe nicht die Absicht, Sie über den Tisch zu ziehen."


Die Daten spielen keine Rolle, antwortete Haley: "Ich weiss, dass ihre Absichten schlecht sind. Sie prahlen überall damit, wie diszipliniert Sie finanziell sind, aber die Konsequenz ihrer ach so tollen Disziplin ist, dass ich nicht genug Geld verdiene, um ein anständiges Leben zu führen."


Price war sprachlos. Ohne etwas zu sagen, zog er schockiert und verletzt von Dannen.


Das Gespräch liess ihm in den nächsten Tagen keine Ruhe. Er beklagte sich bei seiner Familie und seinen Freunden über die Unterhaltung.


Auf einer Wanderung mit einer Freundin diskutierte er ebenfalls über den Vorfall. Diese erklärte ihm, dass auch sie Mühe habe ihr Leben zu finanzieren. Dies obwohl sie von der Armee eine Rente kriegt und gleichzeitig noch einen ordentlichen 100%-Job ausübt. Die Lebensunterhaltskosten in Seattle seien halt wirklich recht hoch, erklärte die Freundin.


Price, der damals bereits über eine Million Dollar im Jahr verdiente, geriet nun in eine Gewissenskrise. Als er in der Folge noch herausgefunden hatte, dass eine seiner Angestellten noch Nachtschichten bei McDonalds leistet, brach für ihn die Welt vollends zusammen.


Price machte sich Gedanken über seine Art der Führung. Nach reichlicher kritischer Selbstreflektion musste sich der Unternehmer eingestehen, dass er tatsächlich schlechte Absichten hatte.


Er hat immer und überall versucht Geld einzusparen, damit seine Firma einen Wettbewerbsvorteil hat. Er ging davon aus, dass seine Angestellten es doch verstehen müssten, wenn er nicht zu hohe Löhne bezahlt, damit dadurch dafür die Firma gestärkt wird.


Drei Jahre nach seiner Begegnung mit Haley fasste Price einen radikalen Entschluss.


Price hatte eine Studie der Wirtschaftsnobelpreisträger Daniel Kahneman und Angus Deaton gelesen, in der untersucht wurde, wie viel Geld ein Amerikaner braucht, um glücklich zu sein. Diese Studie inspirierte Price dazu, einen Minimallohn in seiner Firma von 70'000 Dollar einzuführen.


Um sein Vorhaben zu finanzieren, musste Price nicht nur seinen eigenen Lohn von über einer Million Dollar auf 70'000 Dollar kürzen, er musste auch noch zusätzliche Hypotheken auf seine beiden Häuser aufnehmen.


Price war als Eigentümer und Chef der Firma nun nicht mehr die bestbezahlte Person in der Firma.


Nun könnte man sagen, dass dies eine nette, herzerwärmende Geschichte eines gutmütigen Menschen ist, die ganz toll in die Weihnachtszeit passt. Solche Geschichten gibt es immer wieder, sie kommen und sie gehen.

Nun, diese Geschichte geht noch weiter.


Natürlich ging nicht alles so reibungslos vonstatten. Es gab doch einige Schwierigkeiten, vor allem einen massiven Streit mit seinem Bruder, der ebenfalls Aktien von Gravity hielt. Auch kündigten zwei erfahrene Mitarbeiter, weil ihre Gehaltserhöhungen nicht so hoch ausfielen wie die für Leute, die weniger als 70'000 Dollar verdienten.


In den Medien wurde er als Utopist oder als Sozialist dargestellt. Auch gab es andere Führungspersönlichkeiten aus der Wirtschaft, die diese massive Erhöhung der Mindestlöhne als schädlich verurteilten. Einige Kunden trennten sich sofort von ihm.


Doch die Vorteile waren weitaus grösser. Die Publicity brachte Price viele neue Kunden ein. Umsatz und Gewinn stiegen in den nächsten Jahren deutlich an, und Price wurde mit Tausenden von Bewerbungen talentierter Bewerber überschwemmt. Das Einnahmen stiegen innert drei Jahren derart an, dass Gravity die Anzahl Mitarbeitenden um 40 % erhöhen konnte.


Der Aufschwung der Unternehmung nahm ein abruptes Ende mit Covid-19. Die Mehrheit der Kunden von Gravity sind Restaurants. Als diese aufgrund der Pandemie vorübergehend schliessen mussten, brachen die Einnahmen der Firma um 55% zusammen.


Price wandte sich an seine Mitarbeitenden. Er erklärte ihnen die missliche Lage und prophezeite, dass er wohl oder übel nicht darum herumkommen werde, Leute zu entlassen. Die rund 200 Mitarbeitenden hatten einen anderen Vorschlag. Freiwillig und anonym kürzten sie selber ihren Lohn, so dass niemand auf die Strasse gestellt und die Firma die Krise überstehen kann. Im Durchschnitt verzichteten die Angestellten auf über 2'000 Dollar Lohn pro Monat!


Im 2020 konnte Gravity wieder einen Gewinn einfahren. Dieser fiel höher aus als erwartet. Dies auch weil einige Konkurrenten die Segel während der Pandemie streichen mussten. Das erste was Price tat. Er zahlte allen Angestellten das offerierte Geld zurück und gab ihnen für Ihre Unterstützung noch eine Lohnerhöhung.


In einem Gespräch mit der Zeitschrift Business Insider im August 2021 sagte Price: "Nach über sechs Jahren haben wir wirklich fantastische Ergebnisse erzielt. Die Zahl der Erstwohnungsbesitzer unter meinen Angestellten hat sich jedes Jahr verzehnfacht, und 70 % unserer Mitarbeitenden konnten ihre Schulden abbauen", so Price. Etwa ein Drittel seiner Mitarbeitenden sei heute schuldenfrei, so Price. Etwas was in den USA alles andere als alltäglich ist.


Die bessere Bezahlung löste auch einen Babyboom aus. Vor der Erhöhung des Mindestlohns auf 70'000 Dollar hatten die Angestellten 0-2 Babys pro Jahr. Nun ist die Zahl der jährlichen Geburten im gesamten Team auf über 65 Geburten angestiegen..


Als Zeichen der Wertschätzung für die Erhöhung des Mindestlohns überraschten seine Mitarbeitenden ihn im Jahr 2016 mit einem brandneuen Tesla. Welcher Chef kann von sich behaupten, dass er von seinen angestellten ein Auto geschenkt bekommen hat?


Price ist überzeugt, dass das Unternehmen auch in diesem Jahr wieder ein Umsatzwachstum verzeichnen kann. Kommt hinzu, dass er Im Gegensatz zu anderen Unternehmen nicht mit einer neueren Krise zu kämpfen: dem Arbeitskräftemangel.


Sein mitarbeiterorientiertes Geschäftsmodell, das unbegrenzten Elternurlaub und unbegrenzte bezahlteerientage vorsieht, hat in diesem Jahr zu mehr als 300 Bewerbungen pro freier Stelle geführt.


Am 30. November kündigte Price via Twitter eine neue, meines Erachtens grossartige Idee an. Statt als Unternehmung rund zweihunderttausend Dollar für einen guten Zweck zu spenden, gibt er allen Mitarbeitenden 500 Dollar, die diese in ihrem Namen für einen ihnen persönlichen Zweck spenden können.


Im Tweet dazu schrieb Price vor wenigen Tagen: «Wir geben jedem Mitarbeiter jedes Jahr 500 Dollar, die er an eine gemeinnützige Organisation seiner Wahl spenden kann.


Unsere Mitarbeiter sind insgesamt viel klüger, als ich es als CEO je sein könnte. Anstatt also von oben nach unten zu entscheiden, wie wir unser Geld ausgeben, versuchen wir, Entscheidungen von unten nach oben zu treffen.»


Ich bin nicht überrascht, dass Price durch seinen menschenzentrierten Führungsstil derart erfolgreich ist. Was mich mehr überrascht ist, dass nicht viel mehr Führungskräfte verstehen, dass genau dieser Ansatz nachhaltigen Erfolg bringt.


Es ist auch falsch zu behaupten, dass Price ein Sozialist sei. Sozialistisch wäre, wenn der Staat solche Minimallöhne festlegen würde. Wenn der Staat dies aber tut, dann verlieren diese Massnahmen ihren Effekt. Dies ganz einfach deshalb, weil es nicht nur zu einer Selbstverständlichkeit, sondern zu einem Recht wird.


Was Price vorlebt ist nichts anderes als humanistischer Kapitalismus. Die Logik dahinter ist so einfach, dass es wirklich überraschend ist, dass nicht mehr Unternehmerinnen und Unternehmer dies begreifen: Je besser es den Mitarbeitenden geht, je glücklicher diese sind, desto besser arbeiten diese und desto erfolgreicher sind sie und somit wird auch die Unternehmung erfolgreicher. Es ist so einfach.


Price braucht auch kein Geld für irgendwelche Kontroll- und Mitarbeiterüberwachungssysteme auszugeben, weil er seinen Mitarbeitenden vertraut. Kein Wunder hat die Firma kaum Fluktuation und kein Problem Talente zu finden!


Persönlich habe ich auch immer wieder die Erfahrung gemacht, dass wenn man seine Mitarbeitenden nicht als Unterstellte, sondern als gleichwertige Teammitglieder betrachtet, ihnen Vertrauen schenkt und ihnen gegenüber grosszügig ist, dann bekommt man viel mehr von ihnen zurück, als man erwarten kann.


Für mich ist das echter, gelebter Kapitalismus. Ein meines Erachtens echter Kapitalist, der will, dass es den Menschen gut geht, denn nur wenn es allen gut geht, dann floriert auch die Wirtschaft. Was nicht geht ist staatlicher Zwang oder egoistische, herrschsüchtige und geldgierige Unternehmerinnen. Letztere würden meines Erachtens sofort verschwinden, wenn sich der Staat nicht permanent einmischen würde. Ich bin überzeugt, dass in einer echten freien Marktwirtschaft nur diejenigen überleben könnten, die einen Führungsstil und ein Menschenbild haben wie Dan Price.


Ein humanistischer Führungsstil bringt auch in anderen erreichen, sei es in der Armee, in der Verwaltung oder auch in Non-Profit Organisationen den nachhaltigsten Erfolg. Vielleicht nicht immer für jene Chefs, die ihn pflegen – nicht selten werden diese Führungskräfte, wegen ihrem eher unkonventionellen Stil auf der Karriereleiter übergangen – aber definitiv für das Team oder die Organisation.


So that’s it.


Ich hoffe, ich konnte Euch ein wenig mit dieser schönen Geschichte zum Nachdenken anregen und hoffentlich auch motivieren, vermehrt einen humanistischen Leadership-Stil zu pflegen.


Quellen:

BBC News by Stephanie Hegarty: The boss who put everyone on 70K

Twitter by Dan Price: Tesla Surprise





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